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Erklärbär – Schlagsahne aus der Sprühdose mit 35% Fett?

Heute bin ich im Supermarkt am Regal mit der Sahne in Sprühdosen vorbei gekommen. Da gab es fettreduzierte Sahne mit ca. 15-20% Fettgehalt, eine “normale Sahne” mit 25-30% und eine mit 35% Fett. Da habe ich auf Twitter laut darüber nachgedacht, warum jemand “extra fettige Sahne” kaufen würde und prompt kam von Conny von Genusslieben.de der Erklärungsvorschlag, ob mehr Fett die Sahne vielleicht steifer macht und das könne doch ein Thema für den Erklärbär sein. Gleichzeitig kann ich dann noch die Frage beantworten, warum Sprühdosensahne so schnell zusammen fällt und mit einer Maschine oder einem echten Sahnesiphon aufgeschlagene Sahe eher nicht. Dazu gibt es dann auch noch eine Anekdote aus der Wissenschaft …

Fettgehalt

Der Fettgehalt könnte die Sahne etwas steifer machen, wie ich im nächsten Abschnitt zeigen werde, ist das aber nicht der Grund. Eine mögliche Erklärung ist die Herkunft. Ich habe im Supermarkt nicht so genau auf die Dosen geschaut, aber wie der Wikipediaartikel über Sahne zeigt, ist der “normale” Fettgehalt von Sahne in den verschiedenen Ländern recht unterschiedlich.

Sahnesiphon vs. Sprühdose

Der wesentliche Unterschied zwischen dem Siphon und der Sprühdose ist das Treibgas: im Siphon ist Kohlendioxid und in den Sprühdosen Distickstoffmonoxid. Kohlendioxid ist in Fett etwas und in Wasser relativ gut löslich. Distickstoffmonoxid löst sich in Fett deutlich besser als in Wasser.
Der Aufschäumeffekt entsteht dadurch, daß die Gase unter Druck sehr viel löslicher sind. Das heißt, in der Sahne ebfidet sich ein massiver Überschuß an Gas gelöst. Wenn die Sahne nun aus der Düse raus kommt, ist ja plötzlich kein Überdruck von außen mehr da und das Gas entweicht sozusagen schlagartig und bläst dabei die Sahne auf. Der Inhalt der Bläschen besteht also aus dem Treibgas. Und genau da liegt das “Problem”. Die Kohlendioxidbläschen sind relativ stabil, die von Distickstoffmonoxid nicht, weil es sich ziemlich schnell wieder in der Sahne auflöst. Die fällt dann wieder zusammen ;)

Wenn man die Diss mit Distickstoffmonoxid aufbläst …

Vor Jahren hat mal eine Dame eine Promotionsarbbeit abgegeben, in der sie genau den im vorangehenden Abschnitt erklärten Sachverhalt … “erforscht” hat. Dem Promotionsausschuß war das ein wenig zu dünne aufgeschlagen und man lehnte die Arbeit ab. Ob die Doktorandin die Arbeit nachgebessert hat (auch so ein schönes Unwort), ist mir nicht bekannt.

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Erklärbär – Aluminium in Antitranspirantien

Rebekka hat in einem Kommentar auf meinen ersten Post zum Erklärbär gefragt, wie das denn nun mit der Schädlichkeit von Aluminiumsalzen in Deos und Antitranspirantien ist.

Zuerst einmal möchte ich kurz definieren, womit ich mich heute befasse. Es gibt Deodorants und Antitranspirantien. Meist wird beides synonym für das andere verwendet, es gibt aber neben der bei beiden vorhandenen antibakteriellen Wirkung einen tatsächlichen Unterschied:

  • Deodorants übertünchen durch Geruchsstoffe und andere Chemikalien den Geruch von Schweiß. Sie enthalten normalerweise keine Aluminiumsalze.
  • Antitranspirantien reduzieren Abgabe von Schweiß durch die Haut. Wie das bewerkstelligt wird, dazu gibt es mindestens zwei Theorien. Die eine besagt, daß das Aluminium mit dem Schweiß eine Art Gel bildet, welches dann die Poren für eine gewisse Zeit verstopft. Die andere Theorie geht davon aus, daß das Aluminiumsalz die Eiweiße der Schweißdrüsen teilweise denaturiert, also unwirksam macht. Eine solche Drüse wäre dann für eine gewisse kurze Zeit an der Produktion von Sekret gehindert. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung [PDF] ist der tatsächliche Mechanismus eine Kombination aus beidem.

Grundsätzlich können verschiedene Aluminiumsalze in Antitranspirantien vorkommen. Altbekannt ist Alaun oder Kaliumaluminiumsulfat. Dessen Wirkung ist jedoch in den geringen Konzentrationen in Antitranspirantien oft zu schwach. Daher verwendet man heute häufiger Aluminiumchlorid und meist basisches Aluminiumchlorid oder Aluminiumhydroxychlorid.

In der populären Literatur wie in Dale Carnegies Lebensratgebern und in TV Magazinen meist zweifelhaften Rufs (wie “Akte” auf SAT.1) wurde ein Zusammenhang der Verwendung von aluminiumhaltigen Kosmetika mit verschiedenen Erkrankungen vermutet. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Alzheimer und (Brust-)Krebs.

Die Alzheimer-Hypothese stützte sich darauf, daß man an den betroffenen Stellen im Hirn eine erhöhte Konzentration an Aluminium nachweisen konnte. Nach allem, was man heute über Alzheimer weiß, handelt es sich um einen Defekt im Reparaturmechanismus des Hirns. Dort werden Proteine und Enzyme an potentiell beschädigten Nervenbereichen angelagert, die repariert werden sollen. Das ist bei nicht erkrankten Menschen ein temporärer Vorgang, das heißt, die Reparaturbausteine lösen sich irgendwann wieder von diesem Nervenareal. Bei Alzheimerpatienten jedoch nicht. Ganz im Gegenteil kommt es wohl immer wieder zu neuen Reparaturversuchen und um den Nerv bildet sich eine Art dicker Mantel. Der springende Punkt ist nun, daß diese Reparaturstoffe Aluminiumionen als Funktionsbausteine enthalten, ähnlich wie Hämoglobin Eisen enthält. Dadurch ist natürlich die Lauminiumkonzentration an diesen Stellen höher. Dale Carnegie empfahl in den 60er und 70er Jahren statt dessen einen von ihm vermarkteten “Deokristall”, der aber, was niemand offen zugab, natürlich aus einem Alaunkristall bestand …

Neuere Reportagen wollen nun einen Zusammenhang mit Brustkrebs erahnt haben. Mal abgesehen davon, daß es keinen Nachweis darüber gibt, daß auf die Haut aufgetragene Aluminiumsalze in nachweisbarer Menge in den Körper geraten, gibt es keinen wissenschaftlichen und auch keinen statistischen Nachweis, daß aluminiumhaltige Antitranspirantien karzinogen wirken. Dazu gibt es eine Literaturarbeit von 2008 und einen Artikel der Stiftung Warentest von 2013. Der meist von Aluminiumsalzkritikern zitierte Artikel von Phillippa Dabre im Journal of Inorganic Chemistry weist ausdrücklich darauf hin, daß man zwar im Brustgewebe und der Flüssigkeit von Krebspatientinnen erhöhte Aluminiumionenkonzentrationen nachgewiesen habe. Ob diese aber ursächlich für die Erkrankung oder eher Folge (ähnlich wie bei Alzheimer) sind, läßt der Artikel bewußt offen, weil man dafür einfach keinerlei Fakten hat. Aber selbst was die Aluminiumwerte im Brustgewebe angeht, gibt es widersprechende Studien, z.B. aus Brasislien [PDF].

Insgesamt kann man hier von medialer Panikmache sprechen. Das schon oben zitierte Handout des BfR [PDF] faßt die Datenlage gut zusammen. Man kann also auf aluminiumhaltige Antitranspirantien verzichten. Die Wirkung von Deos ist aber nicht annähernd so gut. Sollte man das tun, handelt es sich mehr um eine Reaktion auf die persönliche Befindlichkeit als auf harte Fakten. Aber die eigene Befindlichkeit ist ja auch nicht ganz unwichtig …

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Erklärbär – Warum verschwindet eine Lokalanästhesie vom Zahnarzt schneller, wenn man Gurkenwasser trinkt?

Uschi Ronnenberg fragte auf Twitter, warum eine lokale Betäubung vom Zahnarzt anscheinend schneller weg geht, wenn man etwas Gurkenwasser trinkt. Nachdem wir dann geklärt hatten, daß sie das essigsaure Einlegewasser von klassischen Gewürzgurken meinte und nicht den Limonadenersatz aus Salatgurkenscheiben, Zitrone und Wasser, den manche Ernährungswebseiten als Getränk empfehlen, habe ich mich mal auf die Suche gemacht.
Die Gurke an sich ist ja gerade im europäischen Raum ein eher konfliktgeladenes Gemüse, wie man an der europäischen Gurkenverordnung und den anhaltenden Diskussionen darüber, was eine echte Gurke auszeichnet, erkennen kann. Dabei enthält die Salatgurke lediglich ein paar Mineralien, Vitamine und einige diuretisch wirkende Inhaltsstoffe. Davon kann im Essiggurkenwasser nicht so viel vorhanden sein, daß die Hypothese, die Betäubungsstoffe würden einfach ausgewaschen, halten könnte. Müssen wir uns doch ein bisschen näher mit der Chemie befassen.
Wie uns die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung aufklären kann, ist das am häufigsten verwendete Anästhetikum Articain.
(±)-Articaine Structural Formulae Articain ist ein (u.a.) sogenanntes Amid, oder länger Carbonsäureamid. Amide entstehen durch Kopplung einer organischen Säure (oder Carbonsäue) und einem Amin. Diese Amide sind in einem gewissen Rahmen empfindlich für Hydrolysen. Dabei wird die im Bild mit den roten Pfeilen bezeichnete Amid-Bindung durch Säure- oder Basenzusatz zerstört. Die beiden Bruchstücke sind dann nicht mehr als Betäubungsmittel wirksam.
Amid-Gruppe
Unter rein chemischen Bedingungen benötigt man ziemlich starke Säuren, um ein Amid zu spalten. Im Körper gibt es aber einen Haufen sogenannter Amidasen, Enzymen, die die Spaltung von Amiden beschleunigen können.
Zusammengefaßt beschleunigt also das saure Klima des Gurkenwassers die Spaltung des Articain. Der Effekt dürfte nicht extrem stark sein, ist aber erklärlich. Eine andere Frage bleibt: möchte man überhaupt, daß die Betäubung schneller raus geht? ;)

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Ask your local chemist: stellt mir Fragen!

sciencecatHeute habe ich eine neue (Dauer-)Aktion für euch: ich mach den Erklärbär! Zu jedem möglichen Thema eigentlich, Sinn machts aber vor allem bezüglich Chemie, Lebensmitteln, Lebensmittelchemie, Medikamenten, Mikrobioilogie etc.
Wenn ich etwas nicht beantworten kann und auch nicht recherchieren kann, sage ich das natürlich auch :)
Stellen könnt ihr die Fragen hier als Kommentar, als Mail, per Twitter, SMS, Facebook oder Google+.