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Quantenmechanik – Unschärfe, Ende des ersten Teils

Hallo zusammen,
beim letzten Mal haben wir ja den sogenannten Welle-Teilchen-Dualismus kennen gelernt. Um den Übergang von der klassischen Physik zur Quantenmechanik abzuschließen, kommen wir heute zu einer der letzten fehlenden Grundlagen.
Ich möchte das auch gerne mit einem kleinen Schuß Philosophie würzen, da es das Thema erstens interessanter macht und ich außerdem glaube, daß man Quantenmechanik nicht ohne ein bisschen Philosophie betreiben kann.
Ausgangspunkt dieses Kapitels ist die Frage: Was ist z.B. ein Elektron denn jetzt? Eine Welle oder ein Teilchen? Die Antwort: beides. Das hängt nämlich davon ab, wie man das Elektron vermißt. Macht man ein Doppelspaltexperiment, erhält man das Beugungsmuster einer Welle. Untersucht man den photoelektrischen Effekt, arbeitet man mit Teilchen, die auf Materie aufschlagen und dabei Elektronen heraus lösen.
Die physikalische Wahrheit, wenn man so will, liegt in der Mitte bzw. in der Summe beider Sichtweisen. Eine solche “Sichtweise” auf die Welt oder Teile davon nennt man auch ein Paradigma. Die Untersuchung von Paradigmen und wie Menschen überhaupt Erkenntnisse gewinnen ist die Aufgabe der Erkenntnistheorie oder Epistemologie. Thomas S. Kuhn hat ein sehr spannendes Buch namens “Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen” darüber geschrieben, wie das Ansammeln von neuen Fakten zu einem Paradigmenwechsel führen kann. Im Falle des Welle-Teilchen-Dualismus haben wir das 2 Paradigmen gleichzeitig vorliegen. Sie sind das, was Kuhn “inkommensurabel”, also nicht gleichzeitig meßbar, nennt. Mit unserem Versuchsaufbau bestimmen wir, in welcher der beiden Welten wir und das Elektron uns bewegen. Wenn ihr mitgedacht habt, könntet ihr jetzt die Frage stellen, was denn wäre, wenn jemand ein Experiment findet, das gleichzeitig Wellen- und Teilchencharakter des Elektrons anspricht. Da wird höchstwahrscheinlich nie passieren, weil beide Modelle eben das sind: Modelle. Sie sind nicht Teil der Wirklichkeit, sie bilden nur Teile oder Aspekte davon ab. Wir versuchen also, uns der Wirklichkeit anzunähern. Beide Modelle sind aber unzulänglich. Hätten wir gute bzw. absolut wahre Modelle des Elektrons, würde es nur ein solches Modell geben, weil dieses könnte alle Aspekte der Wirklichkeit abbilden. Aber Vorsicht: nicht jedes singuläre Paradigma ist absolut wahr, wie wir ja schon an der klassischen Physik gesehen haben.
Wir haben also gesehen, daß eine Messung auf quantenmechanischer Ebene praktisch immer das zu beobachtende Objekt beeinflußt. Ich formuliere so vorsichtig “praktisch immer”, weil vor kurzem eine britische Forschergruppe ein Experiment publiziert hat, welches nach eigener Aussage fast keine Wechselwirkung mit dem beobachteten Objekt beinhaltet.
Noch einmal zurück zu unserem Elektron. Heisenberg schloß aus dem Welle-Teilchen-Dualismus, daß man den Ort eines Teilchens nie ganz genau bestimmen kann, weil Wellen keinen genauen Aufenthaltsort haben. Das Ergebnis seiner etwas länglichen Ableitung ist das berühmte (und berüchtigte) Heisenberg’sche Unschärfeprinzip:

Man kann niemals Ort und Impuls eines Teilchens gleichzeitig und genau wissen.

Für die drei Dimensionen eines karthesischen Koordinatensystems bedeutet das:
Heisenbergsche_Unschaerfe_2
Hier sind Δx, Δy und Δz die Ungenauigkeiten des Ortes in den drei Dimensionen und Δpx, Δpy, Δpz die des Impulses des Teilchens.
h-quer
Das sogenannte “h-quer” ist das durch 2 π geteilte Planck’sche Wirkungsquantum h. Dabei handelt es sich sozusagen um eine elementare Menge (Quantum) an Energie. 2π ist der Umfang des Einheitskreises. Damit ist h-quer quasi das auf das Einheitsbogenmaß normierte Energiequantum.
Das Heisenberg’sche Unschärfeprinzip ist also eine direkte Konsequenz des Wellencharakters der Materie!
Der Zustand eines Teilchens wird in der Quantenmechanik durch die de Broglie-Wellenfunktion ψ(r,t) in Abhängigkeit von Ort (r) und Zeit (t) beschrieben. Diese Funktion definiert die Amplitude der Welle, nicht ihre Intensität. Um die Intensität zu erhalten muß man den Betrag der Wellenfunktion quadrieren:
Wahrscheinlichkeitsquadrat_2
Dieses Quadrat gibt also die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Teilchens an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit an.
Das soll für heute mal genug sein. Beim nächsten Mal steigen wir in die Heisenberg’sche Matrixdarstellung der Quantenmechanik ein!

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Quantenmechanik – die frühen Jahre

Schönen guten Abend,
jetzt hat es etwas länger gedauert als geplant, aber heute möchte ich mit den ersten eigentlichen Teil meiner Einführung in die Quantenmechanik (QM) starten. Wie angekündigt möchte ich das Thema mit euch von der historischen Seite her aufrollen, also so, wie die Entdecker der QM das auch getan haben.
Vor der QM gab es ja nur das, was man heute als klassische Pysik bezeichnet. Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts machten die Physiker aber vermehrt Experimente, die sich mit der klassischen Newtonschen Physik nurschwer erklären oder berechnen lassen bzw. zum Teil sogar im Widerspruch dazu stehen.

Geheimnisvolle Schwarzkörper

Eines der liebsten Steckenpferde der Physiker gegen Ende des 19. Jahrhunderts war das Problem der sogenannten Schwarzkörperstrahlung. Ein Schwarzkörper sollte ein Gegenstand beliebiger Form sein, der alles Licht (und andere Strahlung), welches auf ihn trifft absorbiert, der aber selbst Strahlung abgibt, die einzig und alleine von seiner Temperatur abhängt. So ein Ding ist eigentlich ein komplett theoretischer Vogel, aber man behalf sich, indem man eine Kavität mit Loch herstellte, wie sie das unten stehende Bild zeigt.
schwarzkoerper-versuch
Jede Strahlung, die durch die Öffnung in den Hohlraum hinein fällt, wird hin und her reflektiert, wird immer schwächer, kommt aber (im Wesentlichen) nicht mehr raus. Wenn man diese “Konservendose mit Loch” aber erhitzt und vor die Öffnung einen Strahlungssensor stellt, kann man die durch das Erhitzen entstehende austretende Strahlung messen. Das hat man dann auch getan und zwar hat man das Spektrum der austretenden Strahlung gemessen, also wieviel Strahlungsintensität bei welcher Frequenz. Das kann man dann gegeneinander auftragen und erhält Grafiken wie die folgende:
schwarzkoerper-diagramm
Nach links ist die Frequenz aufgetragen, nach oben die Strahlungsintensität. Die unteren beiden Kurven zeigen die Strahlung bei 2 verschiedenen Temperaturen, die mittlere bei einer niedrigeren Temperatur und die untere bei einer höheren. Was man vielleicht sehen kann: die Kurven werden mit zunehmender Temperatur flacher und das Maximum verschiebt sich nach rechts zu immer höheren Frequenzen. Ja ich weiß, ich bin kein besonders guter Zeichner …
Dann hat man versucht, diese Kurven durch eine Formel zu berechnen, also irgend etwas in der Form mit der Intensität auf der Ergebnisseite und der Temperatur und der Frequenz auf der Variablenseite. Der erste Versuch dazu machte 1889 Wilhelm Wien mit der nach ihm benannten Wien’schen Geichung:
wien-gesetz
Die beiden Konstanten A und ß sind feste Werte, die sich aus der Versuchsanordnung ergeben. Die Wien’sche Gleichung ist in der oberen Kurve auf der rechten Seite dargestellt, kann also das Spektrum bei relativ hohen Frequenzen recht gut beschreiben. Bei niedrigen Frequenzen neigt sie dazu, gegen unendliche Intensität zu gehen … Kunststück, ist halt eine e-Funktion.
Gegen 1900 zogen die Gelehrten (namentlich John William Strutt, 3. Baron Rayleigh und James Jeans) dann das Raleigh-Jeans-Gesetz aus dem Hut, welches so aussieht:
raleigh-jeans-gesetz
k ist die Boltzmannkonstante (ca. 1,380710^-23 J/K) und c die Lichtgeschwindigkeit. Wie man sieht, hängt hier die Intensität quadratisch von der Frequenz ab und es gibt keinen Dämpfungsfaktor für hohe Frequenzen. Das Ding schießt also für hohe Frequenzen nach oben hinaus. Das nannte man damals melodramatisch die “Ultraviolettkatastrophe”.
Max Planck, bemüht, eine Lösung zu finden, kam auf einem heute nicht mehr genau bekannten Weg zu der Annahme, daß die Energie des Oszillators, der die Strahlung aussendet, nicht kontinuierlich wachsen oder fallen kann, sondern nur in Stufen von hν, wobei h das berühmte Planck’sche Wirkungsquantum (6,626
10^-34 Js) ist, also E=nhν mit n=1,2,3…
Das führt dazu, daß man in der Herleitung des Raleigh-Jeans Gesetzes die verwendeten Integrale durch finite Summen über eine unendliche Zahl n von Termen ersetzen kann. Dann kommt man zur Planck’schen Gleichung für die Schwarzkörperstrahlung, die die gemessenen Kurven exakt wiedergeben kann:
planck-gesetz
Damit war der Grundstein der Quantenmechanik gelegt!

Jeder Welle ihr Teilchen!

Um 1905 untersuchte Albert Einstein den photoelektrischen Effekt: wenn man Licht (oder andere Strahlung) auf eine bestimmte Art von Metalloberflächen fallen läßt, werden einzelne Elektronen aus dem Metall “geschlagen” und erzeugen so einen elektrischen Strom. Er konnte zeigen, daß man auch Licht als Teilchen sehen konnte, die durch einen elastischen Stoß die Elektronen aus dem Metall lösen. Wenn das Licht aber durch Teilchen, sogenannte Photonen, interpretiert werden kann, bedeutet das nichts weniger, als daß auch das Licht in Quanten, also einzelnen Energiequanten vorkommt.
Um 1923 konnte Louis de Broglie in seiner Doktorarbeit mathematisch nachweisen, daß man alle Arten von Teilchen wie Photonen sehen kann, so daß man allen Teilchen Welleneigenschaften nachsagen könnte. Das mußte die damalige Nerdcommunity natürlich sofort überprüfen und man erfand ein Experiment, bei dem man einen Elektronenstrahl, also einen kontinuierlichen Strom aus Teilchen, auf einen Spalt treffen läßt. Dahinter bildet sich eine Intensitätskurve in Form einer Glocke: direkt hinter dem Spalt ist die Stärke am größten, nach außen flacht die Kurve dann einfach ab. Jetzt kann man noch so einen Spalt daneben machen, der hat dann auch so eine Glockenkurve. Wenn beide Spalte offen sind, sollten reine Teilchen halt 2 Glockenkurven hinter dem jeweiligen Spalt erzeugen, das heißt, die Intensitäten sollten sich einfach addieren: I=I1+I2. Dieses Eperiment nennt man, kaum zu glauben, den Doppelspalt. Was man aber fand, sah so aus:
welle-teilchen-doppelspalt
Sprich, es gab zwischen den beiden Spaltmaxima weitere Maxima, die man nur mit Interferenz erklären kann, also der Überlagerung von Wellenformen. Als Gleichung sieht das so aus:
interferenz
Die Funktionen ψ sind die sogenannten Wellenfunktionen. Ihr Betragsquadrat ist dann wieder die schon bekannte Intensität. Damit war nachgewiesen, daß Elektronen, die ja nun eindeutig Teilchen sind, sich am Doppelspalt wie Wellen verhalten und wir können uns für heute mit diesem Ergebnis zufrieden geben. Bis zum nächsten Mal!

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Quantenmechanik – eine Einführung zur Einführung

Hallo und einen schönen guten Abend,
irgendwann vor einigen Wochen kam ich mir der verrückte Gedanke, daß ich immer schon mal eine wirklich verständliche Einführung in die Quantenmechanik schreiben wollte. Warum? Erstens, weil ich so etwas ähnliches mal studiert habe (genauer: Theoretische Chemie). Zweitens, weil ich Erklärbär aus Leidenschaft bin. Ja und dann hab ich auf Twitter rum gesponnen, daß so etwas ja wohl niemanden interessieren würde. Da gabs dann doch ein paar Leute, die sich für dieses Thema zu interessieren schienen. Also: here we go!
atom
Als nächstes war dann die Frage interessant, wie ich die Formeln und Bilder in den Text einbaue. Die erste Idee war, ein Plugin zu schreiben, welches LaTeX Formeln on the fly in Bilder setzen kann. So etwas gibts als fertiges Plugin für WordPress, da hätte man sich was für ExpressionEngine abschauen können. Aber ehrlich gesagt, gibt es nichts schöneres, als eine Formel mit der Hand auf Papier zu kritzeln. Und für das iPad gibt es eine sehr coole Software namens Paper von 53 Inc. Dieser Artikel hier dient also erstens der Einführung in die Einführung und zweitens dazu, mal zu schauen, ob das mit den Formeln so geht:
emc
An meine Leser stelle ich nach Möglichkeit keine allzu großen Vorbedingungen bzw. Anforderungen. Man sollte ein gesundes Schulwissen in klassischer Physik mitbringen und mittelmäßige Mathematikkenntnisse. Namentlich Integralrechnung und E-Funktionen sollten nicht unbekannt sein. Und man sollte keine Angst vor griechischen Buchstaben haben. Sollten wir bis zur Heisenberg’schen Mechanik kommen, werde ich noch einmal kurz die Matrizenrechnung erklären. Schau’n wir mal …

Überblick

Wer die Quantenmechanik (ich kürze das jetzt mal mit QM ab) einem Leserkreis erklären möchte, der bisher nicht damit in Berührung gekommen ist, hat ein nicht unbeträchtliches Problem: die QM ist quasi ein hermetisches Arbeitsgebiet, das heißt, wenn man versucht, ein Thema zu erklären, benutzt man dazu andere Begriffe und Konzepte aus diesem Gebiet, die der Leser aber noch nicht kennt. Als Leser muß man also hier und da akzeptieren, daß man nicht alle benutzten Begriffe auf Anhieb versteht. Erst mit einem gewissen Überblick erschließt sich die Eleganz und fast schon Schönheit der Konzepte.
Die verdaulichste Art der Einführung besteht darin, die historische Herleitung der QM zu nutzen, um Schritt für Schritt die Konzepte so einzuführen, wie sie Anfang des 20. Jahrhunderts gefunden wurden. Die QM ist übrigens auch ein schönes Beispiel für die von Thomas S: Kuhn postulierte Struktur wissenschaftlicher Revolutionen: es bewegt sich in der Wissenschaft relativ wenig, bis die Experimentalwissenschaftler immer mehr Versuche finden, die im Widerspruch zur bisher geltenden Theorie auf einem Gebiet stehen. Irgendwann müssen die Fachleute dann zugeben, daß ihre alte Theorie nicht alles erklären kann. Man fängt an, an manchen Formeln Korrekturfaktoren und Erweiterungen einzubasteln. Das geht noch eine Zeit gut, aber irgendwann reicht auch das nicht mehr. Bis dahin hat sich dann eine Art Faktenwelle angesammelt, die zu einem revolutionsartigen Umbruch und einer komplett neuen Theorie führt. So ist es damals bei der QM gewesen. Diesen Weg von den historischen Experimenten zu den modernen Theorien möchte ich mit euch gehen. Viel Spaß!