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Klein und gut

Neulich rauschte ein Blogposting des kleinen Seitenstraßenverlages an mir vorbei. Darin geht es darum, daß so mancher Verlag mit den so oft romantisierten kleinen unabhängigen Buchhändlern seine Probleme hat. Und daß man bei Amazon wenigstens gleich fair (bzw. unfair) zu allen Großverlagen behandelt wird. Für keine der beiden Parteien wird eine Lanze gebrochen, beide haben ihre Vor- und Nachteile. Fand ich spannend.

Das machte mich aber auch auf ein typisches Marketing- bzw. Vertriebsproblem der kleinen Verlage aufmerksam: wenn die Buchhändler sie nicht promoten, wo findet man sie dann? Ja klar, im Internet. Marketing über die sozialen Netzwerke etc. Aber da kämpft jeder Verlag für sich alleine. Damit bleibt die Sichtbarkeit im Promillebereich. Andere Branchen haben da eine interessante Lösung. Amazon Shops, eBay und Dawanda eint ein Prinzip: hier finden sich tausende kleinere Anbieter unter einem Dach. Ich brauche keine Google-Suche, um eine bestimmte Angebotsseite zu finden. Auch wenn auf solchen Portalen “die Konkurrenz” ja mit vertreten ist, steigt die eigene Sichtbarkeit für potentielle Kunden an. Diese Portale haben natürlich auch ihre Probleme für Anbieter: die Gebühren für Einstellen und Verkauf sind teilweise exorbitant (gut, Verlage sind da ganz andere Abschläge aus der Buchhandelsbranche gewohnt) und die Plattform gehört einem Unternehmen. Das macht die Anbieter abhängig. Wenn z.B. eBay keinen Bock mehr auf professionelle Anbieter hat, sperren sie diese aus und die Anbieter sind mit einem Schlag nicht nur von ihrer potentiellen, sondern auch von der Stammkundschaft getrennt.

Auf Twitter entstand dazu folgende kurze Diskussion:

Meine Idee dazu wäre:

  • Was wäre, wenn es ein solches Portal für Kleinverlage gäbe?
  • Inhaber bzw. Betreiber sollte dabei eine Art Dachorganisation der Verlage sein, damit keine für die Verlage unfaire Gewichtsverteilung auftritt.
  • Zudem braucht es einen technischen Betreiber, der das Ganze entwickelt und für den Betrieb sorgt.
  • Über die Höhe evtl. anfallender Gebühren müßte man sich als technischer Betreiber mit dem inhaltlichen Betreiber einigen.
  • “Die Kleinverlage” ist eine sehr heterogene Gruppe. Man muß Mittel und Wege finden, den Verlagen das Einstellen der Bücher zu vereinfachen.

Klingt ja alles ganz nett, nicht wahr? Warum hat es bisher noch niemand gemacht? Vielleicht war das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht gut genug, vielleicht hatte jemand keine gute Verbindung zu Literatur an sich und den kleinen Verlegern (eine direkte Verbindung hab ich ja auch nicht). Wer weiß?
Nächste Frage: warum leg ich mich so ins Zeug für eine Idee, die dann offensichtlich anderen zu Gute kommt? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Weil ich Literatur mag. Weil ich kleine Verlage mag. Weil ich die großen meist nicht mag. Weil der viel beschworene Zusammenbruch des Papierbuchmarktes vor allem die Großverlage mit ihren unglaublich aufwendigen Mechanismen treffen wird und die Kleinverlage vielleicht eine Möglichkeit sind, dieses Medium Buch, an dem ich so hänge, zu erhalten. Schaun wir mal, was jetzt passiert …

Nachtrag: eines ist schon passiert: der Seitenstraßenverlag hat die Reaktionen auf sein Posting mal zusammen gefaßt und im letzten Absatz werde auch ich mit meiner Idee kurz nicht-namentlich erwähnt ;)